Montag, 16. September 2019

Oberkörperfreier Protest von trans und nicht-binären Aktivist*innen auf der Trans Pride Cologne 2019


Ein historischer Moment ereignete sich am vergangenen Sonntag auf der Trans Pride Cologne (Köln), als eine nicht-binäre Person das Redner*innenpult oberkörperfrei betrat und einen Redebeitrag gegen die Schließung des Assata im Hof, eines FLT*I*-Raums (Frauen, Lesben, Trans*, Inter*) hielt. Dieser Raum sei davon bedroht, durch die Immobiliengesellschaft, die ihn besitzt, geschlossen zu werden, womit ein wichtiger safe_space für die genannten Personengruppen in Köln verschwinden würde.

Die Rede wurde jedoch jäh unterbrochen, durch eine Aufforderung der Polizei, die redende Person solle sich ein Oberteil anziehen. Aus Angst eine Anzeige wegen "Erregung Öffentlichen Ärgernisses" und/oder „Ordnungswidrigkeit“ einstecken zu müssen entschied sich die redende Person dazu, den Oberkörper zu bedecken. Eine der Orgapersonen reichte hierfür die Prideflagge, die prompt als Wickeloberteil Verwendung fand und später durch zwei Aufkleber ersetzt wurde.

Cis-Männer laufen im öffentlichen Raum oft ohne Oberteil herum und werden dafür nicht belangt. Bei Menschen, die bei Geburt weiblich eingetragen wurden und/oder so gelesen werden sieht das anders aus. Die gleiche Handlung wird hier nicht so einfach toleriert, wie die Aufforderung der kölner Polizei zeigte.

Aus Solidarität mit der redenden Person und als Reaktion auf die diskriminierende Aufforderung der Polizei erhoben sich spontan mehr als zwanzig Aktivist*innen aus dem Publikum, zogen ihre Oberteile aus und stellten sich gemeinsam vor den Demowagen. Der starke und mutige Protest der vor allem trans und nicht-binären Aktivist*innen wurde von breitem Beifall begleitet. Die Emotionen und das Empowerment waren auf dem ganzen Platz spürbar.

In unserer Gesellschaft herrschen bestimmte Normen, die mit der Auffassung einher gehen es gäbe nur zwei Geschlechter. Dabei wird von „Männern“ erwartet einen flachen, von „Frauen“ erwartet einen vollbusigen Oberkörper zu haben. Ganz abgesehen davon, dass diese Norm selbst bei cis-Menschen oft nicht zutrifft ist es eine Norm, der sich auch viele trans/ nicht-binäre Menschen unterworfen fühlen, denn sie reguliert den öffentlichen Raum mit. Um dem eigenen Geschlecht entsprechend wahrgenommen zu werden (und aus sonst auch vielfältigen anderen Gründen) tragen viele (nicht alle) bei der Geburt weiblich zugeschriebene trans/ nicht-binäre Menschen einen Binder (Siehe hierzu auch Blogeintrag weiter unten).

Wir sind alle unterschiedlich. Nicht für alle Menschen, die sich als trans/ nicht-binär verstehen war es möglich bei diesem Protest mitzumachen. Dies trifft z. B. auf viele transweibliche und/oder bei Geburt männlich zugeschriebene Personen zu und auf viele Personen, mit Mastektomie.

Die entstandenen Fotos strahlen gleichzeitig Empowerment für viele aus. Ein Zeichen war die Aktion allerdings nicht nur für die Öffentlichkeit, sondern auch für das Angehen interner Community-Normen in Bezug auf die Sichtbarkeit nicht-normativer Wege.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen