Hallo ihr Lieben <3,
dieser Artikel wurde seit seiner Erstfassung
mehrmals überarbeitet, vor allem, weil sich die Gesetzeslage seit
dem verändert hat. Außerdem verändert sich auch momentan noch
vieles, deswegen kann es sein, dass der Artikel, wenn du ihn ließt,
schon wieder veraltet ist. Wenn du wirklich up to Date sein möchtest
wende dich an deine lokale Transberatungsstelle (oder auch an triq e.
V., dgti e. V. oder die Dritte Option) Ich möchte hier auch einige
Informationen über meinen persönlichen Weg mit euch teilen, der
wahrscheinlich ziemlich ungewöhnlich ist, aber nun ja, ich lege mal
los:
Was ist der Personenstand?
Das ist der Geschlechtseintrag, der z. B. auf deinem
Reisepass oder in deiner Geburtsurkunde steht. Der Personenstand
steht nicht auf dem Personalausweis. Je nachdem welches Geschlecht du
bei der Geburt zugeschrieben bekommen hast kann dort Verschiedenes
stehen. Wenn da kein Personenstand oder divers steht, ohne, dass du
es selbst geändert hast, dann kann es sein, dass du bei der Geburt
weder dem männlichen noch dem weiblichen Geschlecht zugeordnet
wurdest, dazu aber hier mehr:
https://oiigermany.org/thema/materialien/
http://www.im-ev.de/
In diesem Eintrag geht es hauptsächlich darum, wie
Menschen, die ihren Personenstand ändern wollen, dies
bewerkstelligen können. Im Grunde genommen gibt es in Deutschland
momentan 2 Möglichkeiten, die unterschiedliche Ergebnisse erziehlen
können und, die auch inklusive einer Namensänderung möglich sind:
1) Namens- und Personenstandsänderung nach TSG (Transsexuellengesetz)
Eine Namensänderung durch das TSG
(Transsexuellengesetz)
ist im Grunde genommen für sich binär identifizierende
transgeschlechtliche Personen gedacht, kann in einigen Fällen aber
auch für Enbys möglich sein. Das TSG ist ein Gesetz zur Namens- und
Personenstandsänderung von Personen, die sich laut §1 TSG
- "auf Grund ihrer transsexuellen Prägung nicht mehr dem in ihrem Geburtseintrag angegebenen Geschlecht, sondern dem anderen Geschlecht als zugehörig empfindet"
- "seit mindestens drei Jahren unter dem Zwang steht, ihren Vorstellungen entsprechend zu leben"
- "mit hoher Wahrscheinlichkeit anzunehmen ist, dass sich ihr Zugehörigkeitsempfinden zum anderen Geschlecht nicht mehr ändern wird"
Nun darf eins laut des TSG bis jetzt nur entweder
den männlichen oder den weiblichen Personenstand haben. Bis 2011 war
eine Operation Voraussetzung für die Änderung des
Geschlechtseintargs, das ist jetzt nicht mehr so! Bis 2011 gab es
deshalb
- eine sogenannte "kleine Lösung", bei der eine Person die OP nicht brauchte aber trotzdem den Namen ändern konnte, ohne den Personenstand ändern zu können und
- eine sogenannte "große Lösung", bei der eine Person den Namen und den Gechlechtseintrag gleich zusammen ändern konnte, wenn sie die OP hatte machen lassen.
Seit 2011 ist die OP wie gesagt nicht mehr
Voraussetzung für die Personenstandsänderung, weshalb viele
Menschen mittlerweile die "große Lösung" direkt machen,
das heißt sie ändern den Namen und den Personenstand direkt
zusammen, weil die Voraussetzungen für beides jetzt gleich sind.
Das heißt aber nicht, dass es die "kleine
Lösung" nicht mehr gibt. Laut Gesetz ist es trotzdem noch
möglich die "kleine Lösung" zu beantragen, also nur den
Namen ändern zu lassen (Ich muss es wissen, genau das habe ich
nämlich gemacht!).
Wenn ihr euch also dafür entscheiden solltet die
"kleine Lösung" zu beantragen, könnt ihr damit euren
Namen ändern. Euer Personenstand bleibt allerdings wie vorher, das
muss euch dabei klar sein. Es kann trotzdem eine Möglichkeit sein
nur den Namen zu ändern, denn das kann schon Mal Einiges leichter
machen.
Wichtig!!!
Was ist wichtig, wenn ihr nur euren Namen mit dem
TSG ändern wollt? Wie ihr vielleicht wisst müssen Menschen, die
einen Antrag nach dem TSG stellen 2 psychiatrische Gutachten über
sich erstellen lassen. Auch ist das TSG-Verfahren, ganz egal ob große
oder kleine Lösung, ein Gerichtsverfahren, das auch viel kosten
kann, zumindest, wenn ihr keine Prozesskostenhilfe erhaltet (Wenn ihr
kein Geld habt um das Verfahren zu bezahlen muss euch
Prozesskostenhilfe gewährt werden). So etwas kann sehr kräftezehrend
sein und bleibt auch bei der "kleinen Lösung" nicht aus.
Wichtig dabei ist aber vor allem, dass ihr Gutachter bekommt, die mit
Nichtbinarität kein Problem haben, zumidest soweit ihr euch nicht
als binäre Prson "ausgeben" wollt. In eurem formlosen
Antrag auf Namensänderung nach dem TSG könnt ihr Gutachter
empfehlen und das Gericht kann diese empfohlenen Gutachter auch
beauftragen, muss es aber nicht. Es kann auch andere Gutachter
nehmen.
Es ist also ratsam, bevor ihr einen Antrag stellt,
Transberatungsstellen in eurer Region zu kontaktieren. Diese wissen
meist am besten, welche Gutachter in deiner Region nett zu Enbys sind
und zu welchen ihr lieber nicht gehen solltet, weil sie sehr binär
und altmodisch denken. Ich muss sagen, dass ich Glück hatte mit
meinen Gutachtern, das muss aber nicht bei allen so klappen. Die
Transberatungsstelle kann euch auch weiteren Fragen zum TSG
beantworten und euch bei eurem Antrag unterstützen. Ihr solltet dann
die beiden Gutachter kontaktieren, die ihr ausgesucht habt und
fragen, ob sie ein nicht-binäres Gutachten schreiben würden. Das am
besten auch per Mail, damit ihr später nochmal darauf zurückkommen
könnt wenn es so weit ist. Meine beiden Gutachter waren
glücklicherweise bereit dazu nicht-binäre Gutachten zu verfassen.
Damit sich eure Gutachter informieren können, sollten sie bei dem
Thema unsicher sein, könnt ihr ihnen auch sagen, dass die neuen
S3-Leitlinien
zur Diagnostik, Beratung und Behandlung von Transpersonen
besagen, dass ca. 1/3 aller transgeschlechtlichen Personen sich weder
männlich noch weiblich identifizieren.
Klar ist es durch diese Methode bis jetzt nicht
möglich, den Personenstand zu ändern, aber zumindest den Namen und
das kann auch schonmal was bringen.
2) Namens- und Personenstandsänderung nach §45b des Personenstandsgesetzes (PStG)
Eine Namens- und Personenstandsänderung nach § 45b
PStG ist seit Januar 2019 möglich. Hiernach können Menschen mit der
Diagnose "Variante der Geschlechtsentwicklung" ihren
Personenstand in "divers" oder männlich oder weiblich
ändern oder streichen lassen.Gleichzeitig lässt sich damit auch der
Namen ändern. Nach der Aktion
Standesamt 2018 sollte dies auch für nicht-binäre Menschen
möglich sein. Auch der Beschluss des Bundesverfassungsgericht (1
BvR 2019/16) vom 10. Oktober 2017 lässt diese Option, vor allem
in Randnummer 59, zu. Was die Standesämter daraus machen wird sich
in Zukunft zeigen.
Die Kritik der Aktion
Standesamt 2018 zielt auch darauf, dass der Geschlechtseintrag
"divers" nicht für alle Menschen passend ist, die sich
weder männlich noch weiblich identifizieren und, dass eine
Attestpflicht überhaupt nicht geht, weil so eine Pathologisierung
total fremdbestimmend ist.
Wie funktioniert das Ganze aber?
Menschen, welche die Diagnose "Variante der
Geschlechtsentwicklung" erhalten haben (z. B. von eine*r
Allgemeinmediziner*in/ Hausärzt*in) können damit zum Standesamt
gehen, das für den Bezirk zuständig ist, in dem sie gemeldet sind.
Außerdem müssen sie die Geburtsurkunde und den Personalausweis
mitbringen. Beim Standesamt müssen sie dann meist zur
Urkundenstelle, dort wo auch die Geburtsurkunden für Babys
ausgestellt werden, aber je nach Standesamt kann das unterschiedlich
sein, also besser vorher lokal informieren. Dort müssen die
Standesbeamt*innen dann den Personenstand und Namen auf die
gewünschte Weise ändern.
Es kann sein, dass sich an einigen Orten
Standesämter dagegen streuben dies zu tun. Das dürfen sie aber
eigentlich nicht, solange die Diagnose vorliegt. Es gilt außerdem,
dass die Standesbeamt*innen nicht berechtigt sind, irgendwelche
Angaben über persönliche medizinische Informationen zu erhalten,
außer das Attest. Keins muss und sollte also irgendetwas über die
persönliche Identität erzählen.
Beim Personenstand stehen dann 4 Optionen zur
Auswahl: weiblich, männlich, divers, kein Eintrag (bzw.
Personenstandsstreichung).
Bei der Namenswahl sollte darauf geachtet werden,
dass die meisten Standesämter vorher prüfen ob es den gewünschten
Namen gibt. Das kann bedeuten, dass ihr vorher ein bisschen
recherchieren müsst, um zu belegen, dass euer Name schon vorher als
Name verwendet wurde. Außerdem kann das im schlimmsten Fall
bedeuten, dass das Standesamt euren Namen nicht ändert, wenn es
keinen Anhaltspunkt dafür gibt, dass euer Name irgendwo schonmal als
Name verwendet wurde.
Tipp
Wie bei der Anhörung zum TSG-Verfahren dürft ihr
auch beim Standesamt immer eine Person mit in das Büro nehmen. Das
kann ganz hilfreich sein, um emotionalen Support zu haben und auch
eine*n Zeug*in dafür, falls sich die*der Standesbeamt*in uncool
verhällt. Wenn ihr eine Transberatungsstelle in der Nähe habt kann
euch vielleicht auch von dort eine Person mit Ahnung zum Thema
begleiten. Das kann sehr hilfreich sein, vor allem, wenn es um die
Durchsetzung des gewünschten Namens geht. Informiert euch auch
vorher, gerade bei Namen von denen ihr euch nicht sicher seid, ob das
Standesamt sie zulassen wird darüber, wo diese Namen ansonsten
stehen könnten (z. B. Babynamen-Datenbanken usw.).
Falls es noch Ergänzungen/ Kritik/
Änderungswünsche hierzu gibt: nur her damit, ich weiß auch nicht
alles und die Angaben sind auch ohen Gewehr und sollten auf jeden
Fall nochmal selbst von euch nachgeprüft werden, auch weil ich nicht
immer die Zeit habe das Ganze zu aktualisieren ;)!
Ich wünsche allen die es versuchen wollen ganz viel
Glück dabei!
Alles Liebe
Hey Kai*, danke für diese übersichtliche und gut erklärte Zusammenstellung zu diesem Thema! Richtig gut recherchiert und dokumentiert und selbst Details wie die Möglichkeit, sich aufs Amt begleiten zu lassen, erwähnt und beschrieben. Sofern jemand mehrere neue Vornamen beantragt, reicht es meines Wissens nach (habe jedoch auf die Schnelle keine Quelle dazu zur Hand), wenn einer von denen (vermeintlich) "eindeutig geschlechtszuweisend" ist, also ein Mann/Männlichekit/* des Namens Manuel Tim Maria wäre möglich.
AntwortenLöschenIch hoffe, mit dieser Anleitung werden sich künftig noch mehr Personen trauen, ihren Namen auch jenseits des TSG zu ändern. Merci!